Die Sonnenglut vertreiben goldene Schirme, / Die eines Herkules Hand über ihr emporspannte (Ov. fast. 2, 311f.).
So berichtet bereits zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. der römische Dichter Ovid über die Vorzüge des Sonnenschirmes, der uns in heutiger Zeit insbesondere im Außenbereich eines
Restaurants, auf dem Balkon oder am Strand Schatten spendet. Dabei ist der Sonnenschirm in den verschiedensten Formen und Farben
erhältlich.
Sonnenschirme im 1. Jahrhundert n. Chr.
Doch nicht erst den Römern war der Sonnenschirm als umbella oder dichterisch umbraculum (in dieser Form im Original beim obigen Ovid-Zitat) bekannt, auch die antiken Griechen kannten ihn als skiadion. Der Sonnenschirm war wohl so häufig im Alltag, insbesondere bei höher gestellten Frauen, anzutreffen, dass Martial – ein weiterer römische Dichter aus dem Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. – ihm sogar ein eigenes Epigramm widmete (Mart. 14, 28). Hier berichtet er davon, dass eine umbella nicht nur Sonne, sondern auch Wind abhalten kann. Eine Funktion, die auch heute ein immer gefragterer Bestandteil von Sonnenschutz wird (siehe nur hier www.jalousieshop.net/seitenmarkisen).
Der Sonnenschirm bei den Ägyptern und Persern
Damit zeigt sich, dass der Sonnenschirm nicht nur als Alltagsgegenstand, sondern auch als Herrschaftszeichen verwendet wurde (allgemein dazu der Beitrag "Sonnenschutz im antiken Rom").
Das Mittelalter
In dieser Funktion taucht er wieder unter den arabisch-islamischen Monarchien des Mittelalters auf. So berichten arabische Quellen, dass die Herrscher der Fatimiden-Dynastie in Ägypten des 10.–12. Jahrhunderts mit einem Sonnenschirm vor der Sonne geschützt wurden. In der soziokulturellen Verschmelzung arabischer und christlicher Lebenswelten im mittelalterlichen Sizilien kam es schließlich ebenfalls zu einer Übernahme des Sonnenschirms. Er fungierte nun als Herrschaftszeichen der normannischen und schließlich auch der staufischen Könige von Sizilien – allen voran der berühmte Friedrich II.
Ab dem 17. Jahrhundert wurde der Sonnenschirm auch sukzessive von der adligen europäischen Lebenswelt vereinnahmt. So zu sehen bei den Dogen von Venedig. Insbesondere nutzten aber weibliche Mitglieder der hohen Gesellschaft von nun an den Sonnenschirm. So entwickelte er sich – mal verziert mit Spitzen, mal mit Fransen versehen – zu einem Attribut von Luxus und Weiblichkeit. Dabei erfüllte (und erfüllt noch heute) mancherorts die Funktion, das Schönheitsideal weißer Haut zu erhalten (Antike, Adel, Lichtschutzfaktor – Die Bedeutung des Sonnenschutzes); so zum Beispiel in Japan.
Der Sonnenschirm heute
Dennoch ist in den meisten Teilen der Welt ein Handsonnenschirm aus der Mode geraten. Sogenannte "Großschirme" oder "Mittelstockschirmes", die vor allem zum Aufstellen in einem Schirmständer
gedacht sind, dominieren heute.
Die wechselvolle Geschichte des Sonnenschirms ist damit einer im steten Wandel befindlicher Kontinuität sowie vielfältigen Rezeption durch verschiedene Gesellschaften unterworfen. Die Funktion als
Herrschaftszeichen für Aristokraten, Fürsten und Päpste verlor der Sonnenschirm schließlich im 19. Jahrhundert, als er begann zu "alltäglich" zu werden. Damit diente er bald wieder nur einem profanen
Zweck – dem Sonnenschutz.
Wenn Sie also demnächst unter einem Sonnenschirm sitzen, dann denken Sie daran, welche Geschichte sich hinter dem Schattenspender verbirgt – was auf Arabisch übrigens Miẓalla heißt…
Quellen und Literatur
Christopher Decker, M.A.
(Akademischer Mitarbeiter am Seminar für Alte Geschichte und Epigraphik der Universität Heidelberg)
Literatur
Richard Engl, Sonnenschirm und Hängekrone. Unbeachtete Insignien Friedrichs II. im fatimidischen, normannischen und päpstlichen Kontext, in: Ders. – Jan Keupp – Markus Krumm – Romedio Schmitz-Esser (Hgg.),
StauferDinge. Materielle Kultur der Stauferzeit in neuer Perspektive, Regensburg 2022, 150-165.
William Sangster, Umbrellas and their History, London 1855.
Percy Ernst Schramm, Der Schirm. Herrschafts-, Würde- und Rangzeichen in drei Erdteilen, in: Festschrift für Hermann Heimpel zu 70. Geburtstag am 19. September 1971, 3. Bd. (Veröffentlichungen des
Max-Planck-Instituts für Geschichte; 36, 3) Göttingen 1972, 567-593.
Bildnachweise
Xerxes:
https://de.m.wikiquote.org/wiki/Datei:Relief_of_Xerxes_at_Doorway_of_his_Palace,_Persepolis,_Iran.jpg
Papst:
https://de.wikipedia.org/wiki/San_Silvestro_(Santi_Quattro_Coronati)#/media/Datei:00_Stirnwand_8.jpg